Details
Abgesagt!
Die neunte Bluegrass Jamboree Tour steht unter dem Motto „Northern Lights“. Bluegrass Impresario Rainer Zellner präsentiert auch 2017 drei musikalische Highlights aus dem Nordosten von USA und Canada, die hierzulande so noch nicht zu sehen waren. Auch dort im Norden hat sich eine Bluegrass- und Americana Szene etabliert, aus der wegweisende Impulse zur Weiterentwicklung der Genres zu spüren sind. Immer mehr junge Musiker außerhalb der konservativen Südstaaten finden Gefallen am authentischen Klang hochwertiger akustischer Instrumente, die nur mit meisterhafter Technik den speziellen Klanggenuss versprechen – Knopfdruck allein genügt nicht. Diese Kraft speist eine Kreativität, die dem Bluegrass zur Zeit einen modernen Schub verleiht. Neben den wilden Oldtime Sounds der frühen Jahre sind viele neue Songs zu hören: Die Künstler von Morgen mögen klanglich noch nah am alten Stil sein, die eigenen Texte jedoch spiegeln die modene Welt und ihre aktuellen Themen, gesehen durch die Augen und Herzen der jungen Generation.
Zum ersten Mal in der Jamboree-Geschichte eröffnet mit den drei Frauen von „Lula Wiles“ aus Boston ein Trio den Reigen. Sie verweben modernes Americana-Songwriting, traditionelle akustische Instrumente und kreative musikalische Ideen zu einem intensiven und gefühlvollen neuen Klang. Auf den musikalischen Tanzboden ruft das zweite Trio des Abends, die „Lonesome Ace String Band“ aus Toronto. Die drei Männer sind erfahrene Haudegen der archaischen Oldtime Musik und verwandeln mit Leichtigkeit ehrwürdige Konzertsäle in musikalischen Hillbilly-Heuschober im Stil der 40er Jahre. Komplex, modern, virtuos und süchtig machende Stimmen – die „Lonely Heartstring Band“ aus Boston steht in den USA mit ihrem Contemporary Bluegrass vor einer großen Karriere. Selten hat man eine Band gehört, die mit dieser opulenten Eleganz die Verbindung von Bill Monroe über die Beatles zum angesagten Folk-Pop der Charts schafft. Traditionell stürmen am Schluss beim Bluegrass Jamboree alle Künstler noch einmal die Bühne zum gemeinsamen rauschenden Festival Finale, dem letzten Höhepunkt dieses in Europa einmaligen Musik-Ereignisses.
BLUEGRASS MUSIC
Längst hat sich die Bluegrass Music in ihrer nun über siebzigjährigen Geschichte in viele Winkel der Erde verbreitet. Sie entstand in den 40er Jahren in den wilden Hügeln der Appalachen im Südosten der USA aus der Begegnung der Kulturen der neuen Siedler und der Sklaven. Es waren vor allem die Einwanderer aus Irland und Schottland, die ihre Tanzmusik und überlieferten Balladen in den abgelegenen Regionen als Unterhaltung pflegten. Dort begegneten sie der Musik der afrikanischen Sklaven, mit raffinierten komplexeren Rhythmen und Gesängen. Dazu kamen Spirituals und Gospels mit mehrstimmigen Gesangstechniken. Diesen „Soundtrack“ der Region machte Bill Monroe mit seinen Bluegrass Boys (benannt nach dem Bluegrass State Kentucky, wo das Gras als etwas blauer gilt als anderswo) zur „Bluegrass Music“. Elvis Presley formte daraus „Rock’n’Roll und Rockabilly“ und die Elektrifizierung der Instrumente führte zur „Country Music“. Damit lagen damals schon die Wurzeln der amerikanisch geprägten heutigen Popmusik vor. Bluegrass selber, mit seinen wegweisenden Urgruppen wie Monroe, Stanley Brothers, Flatt & Scruggs und vielen anderen blieb rein akustisch und verschwand in den Blütezeiten des Rock’n’Roll beinahe von der Bildfläche. Erst die Hinwendung der studentischen Szene der 60er Jahre mit ihren Folk Festivals und Folk Stars, aber auch der Wertschätzung einer „Kultur der einfachen Leute“, führten zu neuer Begeisterung beim Publikum in Stadt und Land. Seitdem hat sich die Musik oft gehäutet, rückbesonnen, nach vorne geblickt und immer weiter wachsende Fangemeinden gefunden. Sehr viele Konzert-Besucher sind gleichzeitig selber Musiker, die sogar ihre Instrumente zu den Events mitbringen um sich in den Pausen nächtelangen gemeinschaftlichen Sessions hinzugeben. Die großen Festivals ziehen zigtausend Fans aus aller Welt an und präsentieren neben den Stars immer auch die neuen Entwicklungen. Und die Musiker werden immer jünger: In den USA sieht man unglaublich virtuose Kinder- und Familienbands, nicht einfach nur auf Leistung trainiert, sondern mit Feuer und Begeisterung für Mandoline, Geige, Banjo, Gitarre, Kontrabass oder Hawaiigitarre – den typischen Instrumenten der Bluegrass Musik. Auch wenn sie dabei die Zukunft im Auge haben, so zeigen die jungen Künstler dennoch großen Respekt vor den Gründungskünstlern und den klassischen Spieltechniken der einzelnen Instrumente.
PROGRAMM
LONESOME ACE STRINGBAND
Raw Oldtime
Raue Oldtime Music Power, wie sie selbst im tiefen Süden der USA nicht besser zu finden ist: Die Lonesome Ace Stringband aus Toronto bringt den Oldtime, die ekstatische und rein akustische Vorform der Bluegrass Music, ohne Kompromisse in die Clubs und Konzerthallen von heute. Angefeuert vom gnadenlos tanzbaren Kontrabass-Rhythmus Max Heinemanns paaren sich das authentisch perkussive Clawhammer-Banjo von Chris Coole und die unwiderstehlich relaxte Geige John Showmans zu einer hinreißenden Mischung. Hier regiert mit der Kraft der puren Melodie das, was Folk Music überall auf der Welt so beliebt macht: Wilde, tranceartige Fiddle/Banjo Tunes, die selbst dem lahmsten Tänzer Beine machen, ergreifende Songs und drei überaus kernige und virtuose Typen auf der Bühne, deren Lebenserfahrung in jeder Note spürbar ist. In Canada sind die „Asse“ Legenden, gelten vielen sogar als die wichtigsten Künstler ihrer Musik. Das europäische Publikum bejubelte sie bereits beim Bluegrass Jamboree 2013 als Teil der Foggy Hogtown Boys. Nun kommen die Aces in ihrer „Hardcore“ Variante zurück auf unsere Bühnen. Ihr zweites Album erntete jede Menge Lobeshymnen und wird dem europäischen Publikum exklusiv auf der Jamboree Tour vorgestellt.
Chris Coole spielt das 5-string Banjo im Clawhammer Stil, nicht gezupft, sondern raffiniert geschlagen. Er hat unzähligen Musikern daheim in Kanada und in den USA diese archaische Spielweise näher gebracht und aufgewertet. Seine Karriere begann als Straßenmusiker – eine Zeit der Begegnung und Erfahrung, die für ihn wichtiger war als jede musikalische Bildung. Sein explosives Spiel ist komplex, gleichzeitig melodisch und rhythmisch und zeigt, dass im Banjo auch eine Trommel steckt.
John Showman spielt seit dem sechsten Lebensjahr Geige. Alle anderen Instrumente in der Musikschule waren vergeben. Ein Glück für die vielen Fans, die seiner Musik mittlerweile verfallen sind. Nach vielen Jahren klassischer Musik legte er die Geige beiseite und studierte Kunst. Erst eine verrückte Oldtime Schallplatte führte ihn zurück, öffnete eine neue Richtung. Showman ist ein charismatischer Performer, der allen seinen Gruppen einen starken Stempel aufdrückt. Kürzlich war er mit seinem rockigen Alternative Country Ensemble „New Country Rehab“ auch in Europa unterwegs um seine Weiterentwicklung des Genres „Country“ zu präsentieren.
Kontrabassist Max Heineman tourte jahrelang mit seiner Familie und spielte nichts anderes als Jazz. Bis er einmal zufällig in eine stundenlange Oldtime Jam Session geriet und von der magischen Stimmung, der Verbindung von Musikern, Tänzern, Raum und Zeit hingerissen war. Seitdem ist Heineman vielgefragter Hauptbestandteil der akustischen Roots-Musikszene seiner Heimatstadt Toronto. In seiner unwiderstehlichen und ganz eigene Stimme spiegeln sich seine Vorbilder, die Vokalisten der goldenen wilden Zeiten der Musik der Appalachen-Hillbillies.
THE LONELY HEARTSTRING BAND
Contemporary Bluegrass
Es begann alles als ein Party-Spaß: Am Schwarzen Brett der Musik Uni in Boston wurden Musiker gesucht, um Beatles Lieder in Bluegrass-Art auf einem Geburtstag zu spielen. Daraus wurde in wenigen Jahren eine Band, die viele als Boten eines neuen, am Musik-Mainstream orientierten Ablegers der guten alten Bluegrass Musik sehen. Die fünf Bostoner nehmen die komplette Instrumentierung und Spieltechnik einer traditioneller Bluegrass Band und erweitern sie zu vielschichtigen Harmonien und komplexen Rhythmen. Sie servieren das Ganze mit charts-tauglichem Solo- und Chorgesang irgendwo zwischen Bill Monroe, den Beatles und den modernen sanften Pop-Folk Boys. Ein schwieriger Spagat, den man nur mit Stilsicherheit schafft: Jazz und Klassik studieren, in den Scheunen des tiefen Süden die Magie des authentischen Bluegrass aufsaugen und im Tourneebus die aktuellen Pop Klänge auf dem Smartphone erkunden. Die internationale Bluegrass Gemeinde verlieh den „Heartstrings“ 2015 den IBMA Momentum Award und das legendäre Label Rounder (u.a. Alison Krauss) veröffentlichte kürzlich ihr Debutalbum.
Lead-Sänger und Gitarrist George Clements kommt aus Boston. Er startete als zehnjähriger mit Gitarre und den ersten Songs und erweiterte sein Repertoire am College bald über Jazz und Klassik hin zum Pop. Dennoch ist Folk Musik seine erste Passion geblieben. Sein atemberaubender Gesang lässt so ziemlich alle dahinschmelzen. Von seinem Job bei den ehrwürdigen Bostoner Symphonikern muss sich sein Bruder Charles Clements immer mehr absetzen, um am Kontrabass seiner heimlichen Obsession Folk und Bluegrass Raum geben zu können. Die Freunde virtuoser Mandolinenklänge dürften Matt Witler aus Kalifornien begeistert applaudieren. 2012 gewann er beim prestigeträchtigen Rocky Grass Festival nicht nur den Wettbewerb auf der Mandoline, sondern gleich auch noch als Flatpicking Gitarrist. Seitdem machen Lobeshymnen vom „Wunderkind“ die Runde in der Szene. Patrick M’Gonigle studierte erst einmal zehn Jahre klassische Geige um dann auf Reisen die Weltmusik zu entdecken, und sein Herz an Bluegrass zu verlieren. Gabe Hirschfelds stoisches Spiel auf dem 5string Banjo ist in der Earl Scruggs Schule begründet und hält die Verbindung zum originalen Bluegrass Sound aufrecht. Mittlerweile hat er aber seinen ganz persönlichen, innovativen und spannenden Stil gefunden, der die Klangwelt des Banjos angstfrei weiter auslotet und in die Zukunft transformiert.
George Clements- vocals, guitar | Patrick M’Gonigle- vocals, fiddle | Matt Witler- mandolin | Gabe Hirshfeld- banjo | Charles Clements- vocals, bass
LULA WILES
Americana Folk
Gitarre,Geige, Kontrabass und drei elegant ineinander verschlungene Frauen-Stimmen, mehr bedarf es nicht, um mit eigenen Songs die Americana und Folk Musikwelt im Norden der USA aufzumischen. Dabei sind sie weit weg von den Ursprüngen der Countrymusik des Südostens aufgewachsen – nicht eine Spur Hillbilly-Gen findet sich in ihren Biographien. Luftig leicht verschmelzen sie die Übergänge von progressivem städtischem Songwriting, akustischem Americana und archaischer Appalachen-Klangästehtik. Sie gehören zu den Trendsettern, die derzeit mit akustischer Roots Musik den Mainstream-Musikmarkt unterwandern und morgen schon die Stars eines blühenden neuen Sounds sein können. Die Drei trafen sich zum ersten Mal im frühen Teenageralter auf Folk Fiddle Camps ihrer Heimat im Nordosten der USA. Dort tauchten sie in die Kraft der Oldtime Musik ein und verfeinerten bald in Boston an der Berklee School of Music ihr Handwerk. Über all diesen Aktivitäten standen immer die unzähligen Stunden, in denen sie ihr Markenzeichen, die tief berührenden Gesangsharmonien ihrer selbstgeschriebenen Songs entwickelten. Konsequent erfolgte 2014 die Gründung, 2016 das erste Album, und 2017 bereits die erste Europatour mit dem Bluegrass Jamboree – Lula Wiles ist nicht mehr aufzuhalten!
Isa Burke: vocals, fiddle, 1957 Gibson LG3 | Ellie Buckland: vocals, fiddle, 1954 Martin 00-17 |Mali Obomsawin: vocals, bass,
Songwriterin, Geigerin und Sängerin Isa Burke rebellierte erst einmal gegen ihre Folk Music liebenden Eltern und lernte E-Gitarre bevor sie dem Charme von Folk-Fiddle und Banjo in der angesagten Szene Bostons erlag. Ihre Songs leben von überraschenden Momenten, hier eine Textzeile, dort ein Rhythmus, ein Akkordwechsel die einen irritieren oder Gänsehaut hervorrufen.
Eleanor Buckland singt, schreibt und spielt in der vierten Generation. Singen konnte sie bevor sie laufen konnte und eine Geige verlangte sie mit fünf Jahren. Ihre Songs sind mutig und verbinden großstädtischen Blick mit den ewigen Wahrheiten und Weisheiten der Folk Songs.
Mali Obomsawin am Kontrabass ist Tochter eines Jazz Musikers. Zuhause wurde sie mit großer musikalischer Vielfalt erzogen und erkor bald den Bass als ihr Instrument. Befreiung von engen Strukturen in Musik, Sprache und Gedanken kennzeichnen ihre künstlerische Arbeit.