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Bei bestimmten Menschen braucht es kaum mehr als Stimme und Gitarre, um ein Publikum in den Bann zu ziehen. Jamie Webster ist so ein Mensch. Der Singer-Songwriter aus Liverpool schafft es immer wieder, mit direkten, emotionalen Texten und eingängigen Melodien zu punkten. Seine Folksongs interessieren sich dabei nicht nur für das eigene Befinden, sondern auch und vor allem für die Menschen, die er trifft und die Städte, die er mit seiner Musik bereist. Bestes Beispiel dafür ist der Song „Voice The Voiceless“, den Webster Ende Juni veröffentlichte – seine erste Single seit dem zweiten Studioalbum „Moments“, das Anfang letzten Jahres erschienen ist. Webster wirbt in dem Song mit seiner warmen, irgendwie vertrauenswürdigen Stimme dafür, den „Sprachlosen“ eine Stimme zu geben, ihnen zuzuhören, ihnen dabei zu helfen, ihre eigene Stimme zu finden. „Can you hear the voice of the voiceless? Can you see a choice for the choiceless?“, fragt er im Chorus, bevor er seinen Fans rät: „You could be the voice of tomorrow / Fly instead of walking a tightrope.“
Jamie Webster ist das, was die Briten einen „man of the people“ nennen. Der Singer-Songwriter, dessen Debütalbum „We Get By“ 2020 aus dem Stand in die Top 10 der UK-Album-Charts rauschte, arbeitete neun Jahre lang als Elektriker, spielte aber hin und wieder auf den Straßen Liverpools für ein wenig Silbergeld, das er dann in die Pubs der Stadt tragen konnte. Wenig später spielte er in diesen Pubs. Unterhielt die trinkfreudige Crowd mit Folk- und Rock-Cover und sang mehr und mehr auch eigene Lieder. Die zeichneten sich oft durch ihre zugleich persönliche und politische Note aus, die man noch heute in seinen erfolgreichsten Songs findet. „Weekend In Paradise“ zum Beispiel ist eine Working-Class-Hymne, die vielen jungen Menschen aus der Seele sprach und zugleich in der Tradition eines Billy Braggs oder eines Romans von Alan Sillitoe steht. Jamie Webster ist zugleich eine Art Volksheld seiner Heimatstadt Liverpool. Das liegt vor allem an „Allez Allez Allez“, das Jamie Webster 2018 für seinen liebsten Fußballverein geschrieben hat. Die britische Tageszeitung „The Guardian“ nennt ihn deshalb inzwischen „den semi-offiziellen Hausmusiker des Liverpool F.C.“. Aber Jamie Webster schaffte es schnell, auch außerhalb der Stadtgrenzen zu punkten: Sein Debütalbum „We Get By“ landete auf Platz 6 der UK-Albumcharts, der Nachfolger „Moments“ 2022 auf Platz 3. Als das Touren nach der Pandemie wieder möglich war, hatte Webster reihenweise 1000er-Locations ausverkauft. Sein Heimspiel in Liverpool vor einigen Wochen fand an zwei ausverkauften Abenden vor insgesamt 24.000 Fans statt.
Im Moment arbeitet Jamie Webster gerade im Rockfield Studio in Wales an neuer Musik – in den Räumen, in denen schon Oasis, Iggy Pop und die Manic Street Preachers aufnahmen. Und er hat schon verraten, dass diese Shows vor großem Publikum auch sein Songwriting beflügelt haben. Stripped down auf Gesang und Gitarre werden seine Songs immer noch in jedem Pub Englands live funktionieren. Aber Webster sagt auch: „Diese Headliner Shows und Mainstages habe ich im Hinterkopf, wenn ich heute Musik schreibe. Mit dem neuen Material will ich ein neues Level erreichen, aber mir selbst und da, wo ich herkomme, treu bleiben.“ Sein Songwriting werde „größer und besser“, aber: „Es gibt immer noch eine gesunde Dosis des direkten, angriffslustigen Jamie Webster, der sich nicht davor scheut, dir eine Message, um die Ohren zu hauen.“ Wie gut diese Rechnung aufgehen wird, kann man im Oktober bei zwei Liveshows in Berlin und Hamburg sehen – dann gibt es neben „Voice Of The Voiceless“ sicher schon weitere neue Songs.